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Die ip Zand/Stein von Epitrecoa-Theorie
als Musterfall einer Verschwörungsvermutung
von Centalo d´Ril
"Die Welt wirft uns unwissend in die
Leere
und läßt uns am Ende des Weges mit Mutmaßungen,
die wir zeitlebens erworben haben, zurück."
(Trileus, Einleitung der Philosica, 1. Auflage)
E s geht das Gerücht – und mehr als ein Gerücht ist
es nicht, denn wäre es mehr, könnte man ja schon fast von einer halbwegs
bewiesenen Tatsache sprechen – der ruchlose und schlitzohrige Idell ip Zand,
im Volk nur als "der Zeuge" bekannt, sei bisweilen nicht ganz auf eigene
Faust unterwegs gewesen, was im Prinzip schon schlimm genug gewesen wäre.
Doch nein, man munkelt unter der Hand und schiefen Dächern von einer
Vermutung, die ein vermeintlich scharfsinniger Leser der Protokolle und
Schriften Rigello d´Rils aufbrachte, wobei es sich jedoch wahrscheinlich
eher um die Abschriften der Protokolle und Kopien der Schriften gehandelt
haben wird, wenn nicht gleich um die Kopien der Abschriften und ähnliche
Aufzeichnungen aus dritter Hand, welche nicht mit derjenigen Hand identisch
ist, unter welcher angeblich gemunkelt wird.
Wir können aus Gründen der Geheimhaltung an dieser Stelle noch nicht
preisgeben, wer der Erwähnte gewesen ist, noch können wir seine Identität
zur falschen Zeit offenbaren. Zu kritisch und labil ist der Pfad der
Wahrheitsfindung, als daß eine unvorsichtige Namensnennung hier schon ins
Schwarze treffen würde; es ist wohl besser, denjenigen vorerst zur Person
ganz zu verschweigen, damit verhüllt wird, um wen es sich gehandelt hat.
Es begann nach aufläufiger Meinung damit, daß jener also die Schriften des
bekannten Namensbuchautors studierte und unabhängig von den aufgeworfenen
Theorien und Erklärungen, derer es viele sind, zu eigenen absonderlichen
Schlüssen kam, die der unbedingten Entdeckung harrten. Dies nahm er zum
Anlaß, sich weitere Literatur zu verwandten Themen zu beschaffen und
Vergleiche anzustellen, die wohl landläufig als haarsträubend bezeichnet
werden würden, jedoch innerhalb des gewählten Kontextes den Rahmen einer
scheinbar neuen Wahrheit transparent werden ließen – ein fast spirituelles
Erlebnis also, von dessen Qualität zumindest die Transzenditen regelmäßig
künden, preisen und es wie Waschpulver feilbieten.
Keineswegs seine Gedankengänge zu verpulvern, das war jedoch der Vorsatz
jenes ketzerischen Theoretikers (so viel darf über ihn gesagt werden),
sondern sie hübsch ordentlich aufzureihen in einer Kette von
Beweisführungen, die schließlich so fest werden sollte, daß man einen Hund
daran aufhängen konnte.
Zum Glück hatte er keinen Hund.
Seine Gedanken drehten sich fortan auch nicht um Hunde, sondern um
Ereignisse, die schon einige Zeit zurücklagen, und zwar reichten sie
ungefähr bis ins Jahr 257 Truk zurück.
Im Kern der Sache ging es um die Geschichte des mysteriösen Steines von
Epitrecoa , welcher von Lennur Zalfyd gehütet wurde, genauer gesagt, um die
letzte Episode in der Geschichte des Steines . Bekanntlich gelang es dem
schon erwähnten niederträchtigen Idell ip Zand, den gewärtigen Stein ohne
Zuhilfenahme von Magie oder gar körperlicher Gewalt zu zerstören, und das
während einer Gerichtsverhandlung in Jefulam .
Das war skandalös und erschreckend.
Obendrein war es verboten.
In den Wirren der damaligen Zeit, geschüttelt von dem Entsetzen der Tat,
bestürzt über das Fehlen des legendären Steins und voll Verzweiflung über
das Unfaßbare, gelang es offenbar nicht einmal den Beteiligten, geschweige
denn des Rates der Stadt und deren hinzugezogenen vorgeblichen und
offenbaren Experten, ein klares Bild der Sache zu gewinnen und die
Implikationen aus einer vernünftigen Distanz zu betrachten – etwa vom
Smedimassiv aus oder gleich von Slombard . Nein, jeder war viel zu tief in
die Abläufe verstrickt, als daß er mit gemessenem Schritt und gekühltem Kopf
nach der Wahrheit gefragt hätte, deren Frage für uns heute so offenkundig
ist wie ein Blick in Rigellos Bücher: warum?
Bei Feg, warum hatte Idell ip Zand den magischen Stein von Epitrecoa
zerstört? Nur, wie es hieß, aus Wut über eine vermutlich verlorene
Gerichtsverhandlung, bei der es um Summen ging, von denen man sich nicht
einmal einen Umhang hätte kaufen können (höchstens einen schäbigen)?
Die Geringfügigkeit des Streitwertes war denn auch der Aufhänger, an den der
mißtrauische Leser zwar nicht seinen Hund, aber vielmehr seine frische
Theorie hing: ip Zand habe nach Auftrag gearbeitet, und zwar mit dem
einzigen Ziel der Zerstörung des Steins, der die Wahrheit ans Licht brachte.
Das ganze Gerichtsverfahren sei nur ein unwichtiges Mittel zum Zweck
gewesen.
Soweit die Theorie...
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